Das Haus Poppelsdorfer Allee 108

Maria Weiler, Geschäftsführerin bis 30.6.2009

Das Haus Poppelsdorfer Allee ist als Ganzes mit Einrichtung und Hausrat erhalten und vermittelt somit ein eindrucksvolles und komplettes Bild eines Bürgerhauses im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Das Haus Poppeldorfer Allee 108
Das Haus Poppeldorfer Allee 108

Es ist eines der ältesten Häuser auf der Nordseite der Poppelsdorfer Allee. Unter der Regierung von Clemens August wurde etwa 1745 mit der Anlage der Allee begonnen; sie war nach zehn Jahren vollendet. Die parallel verlaufende Meckenheimer Allee diente stets als Straße für den Durchgangsverkehr und die Poppelsdorfer Allee als Promenade und Grünanlage.

Seit Anfang des 19. Jahrhunderts zogen viele reiche Industrielle, Bankiers und wohlhabende Rentner hauptsächlich aus dem Ruhrgebiet und vom Niederrhein, nach Bonn an den Rhein. Unter "Rentnern" verstand man damals reiche Zeitgenossen, deren Vermögen groß genug war, um aus dem Ertrag des Vermögens einen aufwendigen Lebensstil zu bestreiten. Im Zuge der wachsenden Bevölkerung der Stadt Bonn wurden die "Südstadthäuser" im Laufe der Zeit erworben von Professoren, höheren Offizieren und sonstigen wohlhabenden Familien.

Das Dorf Poppelsdorf gewann erst ab 1818 ein engeres Verhältnis zu Bonn; denn in diesem Jahr bezog die Universität Bonn auch das Poppelsdorfer Schloß, das damals noch auf Poppelsdorfer Gemarkung lag. Erst 1904 wurde bekanntlich Poppelsdorf in die Stadt Bonn eingemeindet. Auch das Haus Poppelsdorfer Allee 108 stand mithin damals in der Gemarkung Poppelsdorf.

Kurz nach 1870 war die Poppelsdorfer Allee schon in weiten Teilen auf beiden Seiten bebaut. Bis 1905 hielt ein regelrechter Bauboom an. Zum Glück wurden im Zweiten Weltkrieg nur wenige Häuser der Südstadt zerstört. Nach dem Krieg wurde jedoch oft, z.B. bei der Schließung von den Baulücken durch moderne Häuser, das Stadtbild nicht verschönert. In vielen Fällen wurden in den ursprünglichen Einfamilienhäusern die Etagen in separate Wohneinheiten umgewandelt oder als Büros vermietet.

Beispiele für den wenig einfühlsamen Umgang in den vergangenen Jahrzehnten mit der Architektur und der Struktur des Südstadtviertels - das ursprünglich ein reines Wohngebiet war - finden sich auch an der Poppelsdorfer Allee zur Genüge, Gerade in dieser Hinsicht findet die Erhaltung dieses Hauses besondere Bedeutung; denn seine Konzeption als Einfamilienhaus ist bewusst erhalten worden.

Die Bauakte des Hauses ist erst ab dem Jahre 1905 im Bauordnungsamt der Stadt Bonn erhalten. Das exakte Baudatum und die Person des Architekten sind nicht mehr zu ermitteln. Der Stifter, Dr. Udo Pfennigsdorf, hatte sich sehr intensiv bemüht, das Baujahr dieses Hauses festzustellen. Er ging immer davon aus, dass es bereits um 1850 erbaut sei. Diese Annahme ist nicht mehr unwahrscheinlich. Denn nun wissen wir seit Ende 1999 mehr: Im Zuge der Renovierung des gesamten Treppenhauses wurden die alten Tapeten abgetragen, und man fand aufgeklebte Zeitungen, die als Makulatur unter den Tapeten noch erhalten waren. Einwandfrei sind Teile der "Bonner Zeitung" vom "Dienstag, dem 2. Dezember 1856" erhalten. Damit wissen wir nun mit Sicherheit, daß das Haus nach 1856 erbaut wurde. Diese Beweisstücke haben wir natürlich aufbewahrt.

Das Haus hat sehr oft die Besitzer gewechselt, die es selbst bewohnten oder vermieteten, bis schließlich im Jahre 1917 der Theologieprofessor Emil Pfennigsdorf und seine zweite Ehefrau, Erika, geb. Otte, die Eltern des Stifters Dr. Udo Pfennigsdorf, das Haus für 60.000 Mark erwarben. Emil Pfennigdorf hatte 1913 einen Ruf an die Bonner Universität auf den Lehrstuhl für praktische Theologie erhalten. Die ersten Jahre in Bonn wohnte die Familie in einem gemieteten Einfamilienhaus in der Bennauerstraße.

Der Erwerb des Hauses wurde möglich durch das väterliche Erbe der Ehefrau Erika Pfennigsdorf. Wie die Zimmer zur Zeit der Eltern des Stifters aufgeteilt waren, lässt sich vermuten. Es gibt Berichte, dass Emil Pfennigsdorf auch zu hause Lehrveranstaltungen abhielt, was angesichts der damaligen Studentenzahlen durchaus noch üblich war. Er nutzte dazu die Räume im Parterre des Hauses.

Im Laufe der Zeit erlebte dieses Haus die verschiedensten - auch unerwünschten - Bewohner: Ende des Ersten Weltkrieges Einquartierung von deutschen Truppen, die auf dem Rückmarsch waren; ab Dezember 1918 bis 1920 britische und kanadische Besatzungssoldaten; ab März bis Juni 1945 amerikanische Besatzungssoldaten.

Ab August 1945 bewohnte die Familie dieses Haus wieder allein, und im Oktober 1945 kehrte der Stifter, Dr. Udo Pfennigsdorf, aus der Kriegsgefangenschaft heim. Er nahm ab April 1946 im Parterre des Hauses seine Tätigkeit als Rechtsanwalt wieder auf.

Die Eltern des Stifters verstarben in den Jahren 1954 und 1956. Dr. Pfennigsdorf einigte sich mit seinen Geschwistern, und 1955 wurde ihm das Haus überschrieben. Er starb, wie gesagt, am 3. Dezember 1989. Gemäß seiner testamentarischen Verfügung wurde das Haus in den Besitz der aus seinem Nachlaß gegründeten Stiftung überführt, die seit dem 8. Juni 1993 als Besitzer des Hauses im Grundbuch eingetragen ist.

In den letzten Jahren wurde das Haus mit Hilfe der Erträgnisse aus dem Vermögen der Stiftung nach und nach mit Sorgfalt restauriert. Die Fassade des Hauses wurde 1995 anläßlich des Fassadenwettbewerbs der Stadt Bonn und der Sparkasse Bonn von 1994 prämiert. Ausserdem liess die Stiftung in den Jahren 1997 und 2000 alle Räume und das Treppenhaus renovieren. Die vermietete Wohnung im 2. Obergeschoß erhielt Fenster mit einer besseren Isolierung. Sobald es die Ersparnisse erlauben, werden die Fenster auch für das Parterre und das 1. Obergeschoß erneuert.